Eine Frau und ihre Freundin trinken Kaffee zusammen und unterstützen sich gegenseitig bei Fragen zur psychischen Gesundheit

 

In schweren Zeiten unterstützen  


Psychische Erkrankung im Freundeskreis: 4 einfache Schritte, wie Sie helfen können

Das Leben mit einer psychischen Erkrankung ist schwer – wirklich schwer –, aber es kann auch schwierig sein, mit jemandem, der Probleme mit seiner psychischen Gesundheit hat, befreundet zu sein. Wenn jemand aktuell Probleme hat, weiß man vielleicht nicht, was man sagen soll. Man ist möglicherweise nicht darauf vorbereitet, wie viel Energie oder Unterstützung diese Freundin oder dieser Freund benötigt. Man möchte, dass es ihr oder ihm besser geht, aber die Bemühungen scheinen nicht zu helfen. 

Megan Potts erzählt, wie Sie einer Freundin oder einem Freund mit einer psychischen Erkrankung in vier einfachen Schritten helfen können. Dazu gehört, was Sie sagen (und was Sie nicht sagen) sollten und wie Sie die Person unterstützen können, ohne kontrollierend oder abweisend zu wirken.
 


Als jemand, der mit mehreren chronischen psychischen Erkrankungen zu kämpfen hat, habe ich oft Schwierigkeiten, Freundschaften aufrechtzuerhalten. Wenn ich ehrlich bin, bin ich nicht immer die beste Freundin. 

Ich habe darüber nachgedacht und erkannt, dass meine stärksten Freundschaften mit denjenigen bestehen, die mir stets mit Geduld und Freundlichkeit begegnen. Insbesondere dann, wenn ich gerade sehr mit mir selbst beschäftigt bin.

Meine langjährigsten Freundschaften bestehen meist mit den Menschen, die selbst Erfahrungen mit psychischen Erkrankungen gemacht haben. Vielleicht verstehen sie besser, was ich brauche, weil sie bereits ähnliche Probleme hatten. 

Wir haben keine Erwartungen aneinander. Wir sind uns bewusst, dass wir möglicherweise nicht täglich Kontakt miteinander haben, da das Leben mit psychischen Erkrankungen anstrengend sein kann. Wir wissen auch, dass die andere Person jederzeit unsere Unterstützung brauchen kann. 
Ich konnte vier Gründe ausmachen, warum ich mit den wenigen Freunden, die übrig geblieben sind, so gut auskomme. Dabei wurde auch deutlich, warum andere Freundschaften den Herausforderungen der Zeit nicht standgehalten haben.


Vier Möglichkeiten, Menschen mit psychischer Erkrankung in Ihrem Freundeskreis zu helfen

1. Nehmen Sie die Person ernst

Obwohl ich ein Jahrzehnt gebraucht habe, um mich mit meinen psychischen Erkrankungen zurechtzufinden, kämpfe ich immer noch mit einer Menge verinnerlichter Stigmata zu psychischer Gesundheit. Ich sage mir immer, dass ich aufhören sollte, bestimmte Dinge zu sehr an mich heranzulassen. Leider sind viele Menschen ohne Erfahrung mit psychischen Erkrankungen zu sehr daran interessiert, mir dasselbe zu sagen. Kolleginnen und Kollegen sagen mir oft, dass ich bei Dingen überreagiere, die sie nur als „einen kleinen Rückschlag“ betrachten würden. 

Aber wenn Sie einer Freundin oder einem Freund helfen wollen, die oder der mit psychischen Erkrankungen zu kämpfen hat, versuchen Sie, sich in die Lage dieser Person zu versetzen und den Standpunkt zu verstehen. Die Freunde, die meinen Denkprozess verstehen, hören mir zu, wenn ich mir den Frust über eine Situation von der Seele rede, und sagen: „Ja, das klingt wirklich schwierig.“ 

Das ist eine Erleichterung. Durch die Bestätigung meiner Gefühle beruhige ich mich, weil es bedeutet, dass ich nicht „wahnsinnig“ werde. Jemand kann es nachvollziehen und sagt mir, dass meine Gefühle akzeptabel sind und dass sie überhaupt nicht „falsch“ oder „unverhältnismäßig“ sind.

2. Ermutigen Sie die Person, eigene Lösungen zu finden – und machen Sie nur dann Vorschläge, wenn sie ausdrücklich darum bittet

Nach einer (angeblich) „unverhältnismäßigen“ Reaktion auf einen „geringfügigen Rückschlag“ geben einige Menschen diesen überbeanspruchten und wenig hilfreichen Satz zum Besten: „Jetzt reiß dich doch mal zusammen!“ 

Soll das etwa trösten? Bei mir bewirkt das eher das Gegenteil, weil ich dadurch nur noch panischer werde. Wenn ich das höre, kann ich garantieren, dass ich die ganze Nacht im Bett liegen und mir Vorwürfe machen werde und weine, weil ich es einfach nicht schaffe, mich zusammenzureißen. Warum kann ich nicht einfach mit meinem Leben weitermachen?

Im Gegensatz dazu ermutigen mich andere Freunde beispielsweise mit: „Ich weiß, dass du herausfinden wirst, was du in dieser Situation machen musst." 

Sie sagen mir nicht, was ich ihrer Meinung nach tun sollte, und das ist der Schlüssel. Stattdessen überlassen sie mir das Spielfeld. 
Manchmal schlagen sie vor, dass eine professionelle Therapie bei einer Verschlechterung meiner psychischen Gesundheit helfen könnte, aber garantieren mir trotzdem, dass sie weiterhin für mich da sind. 

Manchmal bieten sie hilfreiche Ratschläge, um herauszufinden, was zu tun ist, wie z. B. eine Liste der Vor- und Nachteile jeder möglichen Lösung für mein Dilemma zu erstellen. Wenn sie die Zeit haben, setzen sie sich vielleicht sogar mit mir zusammen und helfen mir, die Vor- und Nachteile zu eruieren. Dies ermöglicht es mir, jeden Punkt zu besprechen und mich zu artikulieren, wenn ich selbst nicht in der Lage bin, die nötigen Worte zu finden.

3. Zeigen Sie Mitgefühl

Ich fühle mich von einigen Leuten oft zum Schweigen gebracht. „Wenn du dir nicht selbst helfen willst, warum sollte ich dir helfen?“ Solche Dinge musste ich mir bereits anhören. Eine solche Aussage macht mich wirklich hilflos. Ich weiß nicht, wohin ich mich wenden soll. Ich kann dank dem ganzen Stress nicht schlafen. Am Ende verstecke ich mich ganz vor dem Problem. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass meine psychische Gesundheit sich ernsthaft verschlechtert.

Mitgefühl und Unterstützung sind wichtig, um einer Freundin oder einem Freund mit einer psychischen Erkrankung zu helfen. Meine wahren Freunde – diejenigen, die meine Erfahrungen ernst nehmen und mich ermutigen – verhindern oft, dass ich in eine Krise abgleite. Sie sagen mir, dass sie an meiner Seite sein werden, egal was passiert. Sie lassen mich wissen, dass ich nicht allein bin. Nicht, so lange wir Freunde sind. 
Sie rufen mich an, wenn ich eine Ablenkung brauche, und dann reden wir über alberne, völlig belanglose Dinge. Ich lache – obwohl ich vor dem Anruf kaum atmen konnte vor lauter Weinen und Panik. Wenn ich schreien, schimpfen oder Dampf ablassen muss, lassen sie mich – egal ob am Telefon oder per Nachricht. Ich habe nicht mehr das Gefühl, meinen Frust in mich hineinfressen zu müssen.

Irgendwann fragen sie dann, was man in dieser Situation – meistens zu solch früher Stunde – überhaupt realistisch tun kann. „Gar nichts“, antworte ich. 

Das hat Zeit, bis wir fertig geredet haben und ich wieder so ruhig bin, dass ich schlafen kann. Wir sprechen so lange, bis uns die Augen zufallen. Und am nächsten Morgen wache ich (relativ) ausgeruht auf – und sehe die Dinge klarer, mit mehr Abstand.

4. Teilen Sie eigene Probleme und Erfolge. Eine Freundschaft ist ein Geben und Nehmen!

Wenn Sie nicht die Kraft finden, einer Freundin oder einem Freund in einem bestimmten Moment zu helfen, versuchen Sie, die Person nicht zu ignorieren. Es ist wichtig, dass Ihre Freunde auch wissen, wie Sie sich fühlen. Wenn ich weiß, dass ich nicht die Einzige bin, der etwas schwer fällt, fühle ich mich besser und es hilft mir, meine Gedanken zu fokussieren. Ich glaube, es tut gut, weil es die Illusion auflöst, mit all dem allein zu sein – ein Gefühl, das sich einstellt, wenn man ständig am Rande einer psychischen Krise lebt.

Ich verstehe auch eher, wenn ein Mensch in meinem nahen Umfeld keine Kapazitäten hat, meinen Problemen zuzuhören, weil auch ich nicht immer zuhören kann. Aus einem leeren Glas kann man nicht trinken, also muss es in Krisenzeiten eine Priorität sein, dass wir uns um uns selbst kümmern. Wir dürfen unsere eigene Gesundheit nicht zugunsten der Gesundheit anderer vernachlässigen. Langfristig hilft das niemandem.

Denken Sie daran, auch von den positiven Dingen in Ihrem Leben zu erzählen. Auch wenn wir manchmal traurig oder in Panik sind – wir betrachten unsere Freundschaften nicht als Einbahnstraße zur emotionalen Entlastung. Wenn es Ihnen gut geht oder Sie etwas Schönes erleben, freuen sich Ihre Freunde ehrlich mit Ihnen!


Fazit

Es ist vielleicht nicht immer einfach, einer Freundin oder einem Freund mit einer psychischen Erkrankung zu helfen, aber es ist nicht unmöglich.
Versuchen Sie Ihre Wahrnehmungen anzupassen und versetzen Sie sich in die Lage der anderen Person. 

Nehmen Sie sich die Zeit, auf deren Ängste zu hören. Versuchen Sie zu verstehen, warum die Person in Panik geraten ist, aber akzeptieren Sie, dass sie nicht immer erklären kann, warum. Leiten Sie sie an, anstatt sie zu unterweisen. Schaffen Sie einen sicheren Raum, in dem sie Gefühle ausdrücken kann, ohne sich Sorgen machen zu müssen, dass Sie die Person negativ beurteilen. 


Krisentelefone in Deutschland

Notfallnummern

  • 112 – Akute medizinische oder psychiatrische Notfälle
  • 116 117 – Ärztlicher Bereitschaftsdienst für nicht lebensbedrohliche medizinische Anliegen

 

Allgemeine Krisen- und Suizidprävention
TelefonSeelsorge Deutschland

  • Telefon: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222 oder 116 123 (EU-weit harmonisierte Nummer)
  • 24/7 erreichbar
  • auch per Chat oder E-Mail: online.telefonseelsorge.de
  • vertraulich, anonym, religionsunabhängig

 

Nummer gegen Kummer

  • Kinder- und Jugendtelefon:  116 111, Mo–Sa: 14–20 Uhr
  • Elterntelefon: 0800 111 0 550, Mo–Fr: 9–17 Uhr, Di & Do: bis 19 Uhr
  • anonym, kostenlos, für alle Altersgruppen 

 

Psychosoziale Notfallversorgung (PSNV)
Deutsches Rotes Kreuz (DRK) PSNV Bundesweit:

  • Telefon: 01805 872 862 (01805-TRAUMA)
  • bundesweit psychosoziale Unterstützung für Menschen in akuten Krisensituationen, z. B. nach Unfällen, plötzlichen Todesfällen oder anderen traumatischen Ereignissen.
  • Tarifhinweis: 0,14 € pro Minute aus dem deutschen Festnetz, aus dem Mobilfunknetz maximal 0,42 € pro Minute.

 

Arbeiter Samariter Bund (ASB):

  • Der ASB bietet ebenfalls psychosoziale Unterstützung für Betroffene von Notfällen und Krisensituationen an. Diese Dienste sind regional organisiert
  • Eine Übersicht finden Sie auf der ASB-Website


Bitte beachten Sie, dass die Verfügbarkeit und Erreichbarkeit der Dienste variieren können. Es ist ratsam, sich direkt an die genannten Stellen zu wenden, um aktuelle Informationen und Unterstützung zu erhalten. Die Liste ist außerdem nur ein Auszug an Hilfsangeboten in Deutschland. Weitere Informationen und Unterstützung finden Sie auch auf findahelpline.com.  
    


 

Autorin: Megan Potts 

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