Der Bundeseinheitliche Medikationsplan (BMP) – Was muss jede Praxis dazu wissen?


Immer noch sterben in Deutschland zu viele Menschen durch unerwünschte Arzneimittel-Wechselwirkungen. Deshalb wird mit Umsetzung des eHealth-Gesetzes ab Oktober 2016 ein Anspruch auf einen Medikationsplan eingeführt. Mit dem BMP sieht der behandelnde Arzt, welche Medikamente der Patient aktuell einnimmt. So können gefährliche Wechselwirkungen vermieden werden. Vom Medikationsplan profitieren vor allem ältere und chronisch kranke Menschen. Neu ist der Medikationsplan nicht. In vielen Praxen wird er bereits eingesetzt. Neu ist, dass Inhalt und Struktur vereinheitlicht wurden.


Wer hat Anspruch auf einen BMP?

Versicherte, die gleichzeitig mindestens drei zu Lasten der GKV verordnete Arzneimittel anwenden, haben Anspruch auf Erstellung und Aushändigung eines Medikationsplans. Sie sollen den Anspruch nur gegenüber einem Arzt geltend machen und alle weiteren an der Behandlung beteiligten Ärzte darüber informieren. In einer Hausarztpraxis normaler Größe können dies bis zu 400 Patienten sein.

Welche Angaben müssen auf dem Medikationsplan enthalten sein?

Grundlegend müssen auf dem Medikationsplan Angaben zur Identifikation des Versicherten, zum Arzt, zur Apotheke oder zu einer Einrichtung der Krankenversorgung sein, der/die den Medikationsplan zuletzt ausgedruckt hat, deren Kontaktdaten sowie das Datum des Ausdrucks.

Diese Angaben bilden einen administrativen Block, der auf jeder Seite des Plans vorangestellt ist. Danach folgt die Auflistung der Arzneimittel und Medizinprodukte in tabellarischer Form wie folgt:

  • Wirkstoff
  • Handelsname
  • Stärke
  • Darreichungsform
  • Hinweise zu Dosierung und sonstige Hinweise zur Anwendung sowie Anwendungsgrund.


Der Medikationsplan enthält alle verschreibungspflichtigen Medikamente, die dem Patienten im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung verschrieben wurden. Ebenso sollten alle nicht verschreibungs-, aber apothekenpflichtigen Medikamente, die dem Arzt bekannt sind und deren Dokumentation im Medikationsplan medizinisch sinnvoll und notwendig ist, erfasst sein. Des Weiteren können auch Hinweise zu Medizinprodukten, die für die Arzneimitteltherapie relevant sind, vermerkt werden.

Allerdings kann der Arzt auf Wunsch des Patienten davon absehen, Arzneimittel auf den Medikationsplan zu übernehmen. Aus diesem Grunde ist auf dem Medikationsplan ein Hinweis eingedruckt, dass für Vollständigkeit und Aktualität des Medikationsplans keine Gewähr übernommen wird.

Wer erstellt und aktualisiert den Medikationsplan?

Die erstmalige Erstellung des BMP wird in der Regel durch den Hausarzt erfolgen. Wenn der Versicherte keinen Hausarzt in Anspruch nimmt, dann durch den behandelnden Facharzt, der die überwiegende Koordination der Arzneimitteltherapie verantwortet.

Der Arzt, der den Medikationsplan erstellt, aktualisiert ihn auch, sobald die Medikation sich ändert oder er Kenntnis von einer Änderung erlangt. Auf Wunsch des Patienten kann auch die Apotheke bei Abgabe eines Arzneimittels eine erforderliche Aktualisierung vornehmen.

Zur Aktualisierung wird der vorhandene Medikationsplan eines Versicherten in der Regel in das Praxissoftwaresystem eingelesen (Barcode-Sanner) oder manuell übertragen. Dann kann er dort bearbeitet und anschließend für den Patienten erneut ausgedruckt werden. Alte Versionen des Medikationsplans sollten vernichtet oder durch Streichung des Barcodes ungültig gemacht werden.


Wird der Aufwand auch honoriert?

So wie aber der Arztbrief im EBM Bestandteil der Versicherten- oder Grundpauschale ist, wird auch die Ausgabe und Erläuterung des Medikationsplans nicht separat vergütet. Ausnahme sind die in der hausärztlichen Versorgung wichtigen Chronikerziffern (03220, 03221) und die geriatrische Betreuungspauschale (03362), bei denen die Ausstellung des Medikationsplans fakultativer bzw. sogar obligater Leistungsbestandteil ist.

Im Rahmen der GOÄ für Privatpatienten hat der Arzt hier die Möglichkeit auf eine Analogziffer A76 – Ausgabe und Erläuterung Medikamentenplan zurückzugreifen und kann somit im einfachen Faktor ein Honorar von 4,08 EUR generieren.

Angekündigt waren von der KBV auch Regelungen zur Vergütung im EBM, um den Aufwand der Ausgabe, der Aktualisierung und der Besprechung des Medikationsplans separat zu vergüten. Es ist zu befürchten, dass sich die KBV mit dieser Forderung nicht gegenüber den Krankenkassen durchsetzen konnte, da die angekündigte Frist, der 30.06.2016, bereits verstrichen ist.

Fazit

  • Der BMP ist eine Information in erster Linie für den Patienten. Er ersetzt nicht die Dokumentation des Arztes, umfasst keine Medikationshistorie und kann unvollständig sein.
  • Ein Barcode-Scanner sollte in der Praxis vorhanden sein, um bei einer Aktualisierung des Medikationsplans Zeit zu sparen und Fehler durch die manuelle Übernahme zu vermeiden.
  • Wenn bestimmte Medikamente auf Wunsch des Patienten nicht dokumentiert werden sollen, so ist zu prüfen, ob die Arzneimitteltherapiesicherheit damit ebenfalls relevant eingeschränkt wird. Der Patient ist darauf hinzuweisen, dass das Weglassen einzelner Medikamente auf dem Plan ggf. nachteilige Konsequenzen haben kann und dass der Patient diese Medikamente gegenüber weiteren mitbehandelnden Ärzten und ggf. in der Apotheke stets angeben sollte.
  • Der Ablauf der Ausgabe und der Abgabe des Medikationsplans ist in großen Teilen eine delegierbare Leistung. Trotzdem muss der Arzt jeden Plan prüfen.